Die Brachen am Fluss 26 images Created 22 Feb 2016
Während Serbien in der Flüchtlingskrise Punkte bei den Europäern sammelt, werden sie in Belgrad bei der eigenen Bevölkerung im großen Stil verspielt. Denn: Das Gesicht der Hauptstadt soll sich ändern - für immer. Mit einem Investitionsvolumen von 3,5 Milliarden Euro will die Eagle Hills Gruppe aus den Vereinigten Arabischen Emiraten einen neuen Stadtteil aus dem Boden stampfen. Am Ufer der Save, zu Füßen der Altstadt, soll ein Viertel entstehen, das Belgrad endgültig zum Geschäftszentrum für die gesamte Balkanregion machen soll. Auf einer Fläche von insgesamt 1,8 Millionen Quadratmetern sollen Hochhäuser der Luxusklasse, Shopping-Malls und Hotels entstehen. Schon jetzt werden Wohnungen im neuen Luxusviertel beworben: Der Quadratmeterpreis kostet bis zu 3000 Euro. Doch während überall in der Stadt riesige Plakate für die "Belgrade Waterfront" werben und verkünden "Wir feiern Belgrad" (Slavimo Beograd), laufen die Bewohner der Stadt Sturm gegen das Projekt, denn die Rücksichtslosigkeit, mit der das Projekt durchgepeitscht wurde, erhitzt sogar serbische Gemüter. Die Regierung des Ministerpräsidenten Aleksandar Vucic hat das Vorhaben mit absoluter Mehrheit durch das Parlament gewunken und das Baugelände für 99 Jahre an Eagle Hills verpachtet. Viele Juristen im Land halten Belgrad am Wasser in seiner jetzigen Form für verfassungswidrig. Auch Künstler und Intellektuelle gehen auf die Barrikaden. Der alternative Stadtteil Savamala soll dem Erdboden gleich gemacht werden. Die alternativen Bars und Clubs, die Belgrad in den vergangenen Jahren das Gesicht eines aufstrebenden und kreativen Hubs auf dem Balkan gegeben haben, wären dann eindgültig Geschichte. Einerseits bietet die EU-Beitrittsperspektive Serbien die Chance, sich endgültig vom Image des schwarzen Schafs auf dem Balkan zu befreien, anderseits droht das Projekt am Ufer der Save zum Exempel zu werden für den rigorosen Umgang des Staats mit einer Zivilgesellschaft, die gerade erst dabei war, europäisch zu werden.